Da war doch was...was ich noch zeigen wollte

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Montag, 30. September 2013

Vom Dschungel, Hähnen und leckeren Fröschen

Indien ist DAS Land der Gegensätze: Wenn ich behaupte, ich lebe hier in einer großen Stadt ist das wirklich gelogen- für indische Verhältnisse ist Jagdalpur gerade mal eine Kleinstadt, aber die Tatasche das sie mitten im Dschungel liegt lässt sie deutlich an hervorstechen. Von dem genauen Gegenteil- dem indischen Dorf- durfte ich mit ein Bild machen:

Pünktlich (oder wenigstens fast) brechen wir nach der Schule auf um in das Heimatdorf von Vater Theo (Verbindungsquelle zwischen Fahrgemeinde St. Nikomedes und Indien) zu besuchen. Zwei Tage soll der Trip dauern von dem ich auch erst in letzter Minute erfahren habe, und weit hinaus- wenigstens gedanklich gesehen- soll es gehen.
Das erste Stückchen der 90 km langen Strecke brausen wir mit dem geliehenen Jeep samt Fahrer über die recht guten Nationalen Highway, in einen kleinen Städtchen das wir durchfahren decken wir uns mit kalten Getränken und indischem Knabberzeug ein und immer wieder tauchen kleine bis riesige Baustellen und halbfertige Schulkomplexe auf. Nach etwa 40 Minuten ändern sich jedoch die Straßenverhältnisse rapide und ich verstehe warum wir den Jeep genommen haben: Die Straße ist von riesigen Pfützen unterbrochen, die sich nach der langen Monsumzeit in den Löchern des Straßenbelages gebildet haben, immer wieder hört die geteerte Straße schlagartig auf und wir müssen uns unseren Weg durch Schlammberge bahnen. Und wir haben Glück- einige entgegenkommende Mofa und Fahrräder haben es sichtlich schlechter getroffen wenn ich sehe, wie das Schlammwasser zu beiden Seiten bis ans Dach des Jeeps spritzt.
Und auch die Aussicht verändert sich: Die Dörfer und Reisfeldern weichen nun dichtem Wald und als ich frage wie dieser Wald genannt wird bekomme ich die Antwort: Jungle- das Wort stemmt sogar aus der Sprache Hindi und wurde irgendwann ins englische übernommen. (Danach muss ich die ganze an das Mogli und das Dschungelbuch denken) Ich erfahre das wir kurz Rast auf einer Farm machen, die von zwei Vätern betrieben wird, bevor wir das letzte Stück zum Dorf und der, von der Pfarrgemeinde St. Nikomedes unterstützten Schule zurücklegen. Weiterhin erfahre ich das in der Nähe dieser Farm noch vor einer Woche in der Abenddämmerung ein Tiger am Straßenrand gesichtet wurde- der allerdings die Lichtkegel des Autos wohl nicht besonders mochte- wahnsinnig, aber ich bin trotzdem froh das wir jetzt, da gerade die Dämmerung hereinbricht uns wieder auf den Weg machen.




Das letzte Stück werden wir noch einmal kräftig durchgeschüttelt, aber ich genieße- mich am Haltegriff festklammernd- die fantastische Aussicht: Die Sonne strahl mit ihrer letzen Kraft tief am Horizont vor uns, Schulkinder mit ihren Uniformen der staatlichen Schulen spielen auf den freien Flächen der kleinen Dorfern, die sich immer wieder zwischen den Bäumen auftun, kleine Bäche finden ihren weg durch den roten Boden und Männer mit nicht viel mehr als einem Tuch um die Hüften waschen sich an den öffentlichen Wasserhähnen am Straßenrand. Zwischendurch kommt uns ein großen, kunstvoll angemalter Lastwagen entgegen, beladen mit Steinen, Hühnern oder sonst was. Das letzte Stück zur Farm von Theos Eltern müssen wir laufen, nachdem wir den Jeep einfach mitten auf einen kleinen Feldweg abgestellt haben.


Es ist wahnsinnig spannend in der Dämmerung durch hohes Graß irgendwo in Mittelindien zu stapfen, um mich herum wieder Reisfelder und Viehweiden, nicht zu wissen was man gleich zu sehen bekommt und wo man die Nacht verbringen wird. Nach ca. 300 Metern erreichen wir einen kleines Tor, dahinter ein Lehmbedeckter Platz unter einem großen Baum. Zu zwei Seiten stehen Lehmhütten mit bunten Vorhängen vor den Türöffnungen, ein hölzerner, mit Stroh gefüllter Unterstellplatz für Kühe (inc. Kühe) bildet einen gemütlichen Innenhof. Eine junge Frau mit einen kleinen Kind auf dem Arm kommt aus einer der Hütten, dahinter eine ältere frau- Theos Mutter. Total herzlich werden wir begrüßt und ich kann meine Begrüßungsformeln: Hallo, mein Name ist Rebecca. Wie geht es dir? Ich unterrichte an der Schule. Zum Besten geben und ernte damit verschmitzte Blicke. Auch Theos Vater ist gekommen- in Shirt und einem Baumwolltuch und die Hüften bringt er einige Plastikstühle und einen kleinen Plastiktisch und stellt ihn in die Mitte unter den alten Baum. Ein perfekter Frühstücksplatz, denke ich, für Ferien auf einer indischen Farm und bemerke, dass ich das erste Mal seit zwei Monaten einen Platz im Freien angeboten bekomme. Leider bin ich mit meinem Hindi jetzt schon am Ende und so muss mir Vater Santhos alles Übersetzen, bis  Theos Bruder, ein Lehrer von der benachbarten Schule, in Jeans und Pulli kommt und sich zu seiner Frau und seinem kleinen Sohn stellt.
Leider müssen wir schon wieder weiter und so verabschiede ich mich nach einer Tasse Tee von dieser wirklich netten kleinen Familie.


Zum Abendessen fahren wir im Stockdüsteren ein Stückchen weiter zu einem Hostel für Jungen, das neben der genannten Schule liegt. Ca. 40 Jungen im Alter von 5 bis 15 Jahren werden von 3 Vätern, einem Bruder und einigen Köchinnen betreut und Verpflegt. Noch sitzen alle auf dem Boden oder auf Stühlen und Pritschen zur abendlichen Studdyzeit und ich gehe in der Küche schauen ob ich irgendetwas helfen kann. Ich staune nicht schlecht über die riesige, mit Gas betriebene Kochstelle, an der Vater Thomas gerade (extra und ausschließlich für uns)im halbdunklen  Hähnchen frittiert und auch die anschließende Vorradskammer mit einem riesigen Sack voll Zwiebeln und allerlei weiterem Gemüse beeindruckt mich mächtig. Ich übe mich, nachdem ich Angst hatte beim Frittieren dieser besonderen Farmhühner wegen den Schlechten Lichtverhältnissen etwas falsch zu machen (es war einfach nur stockdüster in der Ecke), unter den strengen Blicken und dem Grinsen der Küchenmädchen im Chapatti- machen.
Danach folgt eine halbe Stunde Gebetszeit für die Jungs und ich lausche, am Türrahmen stehend, zuerst dem andächtigen Gesang der auf dem Boden sitzenden Jungen und anschließend von Trommeln begleitet rhythmischen Versen in dem kleinen Kirchenraum des Hostles. Nach dem Essen wundere ich mich, als die Jungen, einer nach dem Anderen mit einem „Good night mam“ wieder im Studdyzimmer verschwinden und mir wird erklärt, das nach dem Abendessen von halb neun bis neun noch mal gearbeitet wird, bevor es dann zu Bett geht (ganz schön Diszipliniert, diese Inder).
Danach geht es zum letzten Ziel und Schlaffstätte für diese Nacht: ein weiteres Hostel auf der anderen Seite des Dorfes. Als der Jeep im dunklen durch ein Tor fährt, irgendwann stehen bleibt, und ich meine kleine Tasche, hauptsächlich gefüllt mit Zahnbürste und Mückenspray nahm, stehen wir erst einmal ein bisschen blöd in der Gegend rum: keiner da, wo soll ich hin? Und was erwartet mich? Ein Zimmer zusammen mit dem Vater, mit Schwestern? Hoffentlich gibt es ein Moskitonetz! Ich habe keine Ahnung!
Aber es kommt ganz wunderbar: Zwei Schwestern holen mich ab, die ein kleines Haus neben dem Hostel bewohnen, die Väter schlafen woanders. Das Haus ist ziemlich schön, in der Mitte gibt es einen kleinen, bewachsenen Innenhof, drum herum führt überdachter Rundgang von dem die Zimmer abgehen. Mein Zimmer gehört irgendeiner Schwester, die im Moment nicht da ist und das Bad ist auf dem Flur. Vor dem Zubettgehen rede ich noch ein wenig mit den Schwestern: die eine ist Krankenschwester, war für einige Zeit in Deutschland und kann deswegen ziemlich gut deutsch, die andere arbeitet in der Schule die wir uns morgen noch etwas genauer ansehen werden.
 
Ich glaube ich mache mir zur Gewohnheit alle meine Zimmer dieses Jahr zu fotografieren.
Hier die Variante: gemütliches, kleines Farmzimmer, inc. Taschenlampe
 für den Weg aufs Klo, Moskitonetz im Gesicht und wunderbare Träume

Nach einer durchwachsenden Nacht (ein Hundezwinger ist neben meinem Fenster, ein Baby im Nachbarhaus wollte wohl nicht schlafen, das Umdrehen im Bett war mit Vorsicht zu genießen und der Hahn um halb 4 hatte das restliche getan) stehe ich dennoch am nächsten Morgen- nachdem ich ein wenig den Gesängen der Schwestern in der hauseigenen Kapelle gelauscht hatte und ratsächlich noch einmal eingeschlafen war- um 6 Uhr voller Tatendrang und Vorfreude auf den Tag auf und finde, nach einigen verdutzten und verständnislosen Blicken der Köchin, die Schwestern, die Väter und ein Haufen Jungen und Mädchen in einer kleinen Kirche neben dem Hauptplatz. Die morgendliche messe wird diesmal von vier anstatt von 2 Vätern gehalten und die Jungen und Mädchen- ordentlich in Reihen, links die Jungen, rechts die Mädchen- singen laut die Kirchenlieder auf Hindi mit.
Nach dem Gottesdienst (um 7 Uhr wohlgemerkt!!) gibt es eine kleine Vorstellungsrunde und Begrüßungslieder. Alle Kinder haben (indem sie wahrscheinlich den gesamten Garten ausgerupft haben) einige Wildblumen für mich, die sie mir- einer nach dem anderen überreichen- als Gegenzug gibt es eine Runde Süßigkeiten. Als ich zusammen mit den Vätern zu einen weiteren Gebäude zum Frühstück laufe sehe ich alle Jungen den Platz vor ihrem Haus mit- aus Steckern improvisierten Besen- die Blätter zusammenkehren. Die Kinder gehen auf eine Hindi- Medium- School und haben zu 90 % ihre Eltern noch, diese leben nur einfach in den Dörfern zerstreut zu weit weg, sodass die Kinder ab dem Kindergarten im Hostel leben.
Ganz schön beeindrucken wie die kleinen Jungen schon am frühen morgen nach der einstündigen Messe erst noch ihren Hof fegen, bevor es dann zum gemeinschaftlichen Frühstück nach draußen unter die Bäume geht!

Nach meinen eigenen Frühstück, das sogar aus Weißbrot und Marmelade besteht (Warum auch immer alle denke, sie müssten extra für den deutschen Gast von ihren gewöhnlichen Essgewohnheiten abweichen- ich bin echt ein Fan des indischem Essens geworden!) bekomme ich eine kleine Führung durch die benachbarte Schule. Der Unterricht fängt um 9 Uhr an und pünktlich ertönt aus den Lautsprechern die indische Nationalhymne gefolgt von der Stimme einer 8 Klässlerin, die das Gelübde vorließt, das alle Schüler mit vorgestrecktem Arm nachsprechen. Die Schule besteht aus 9 Klassen: vom Kindergarten bis zur 8. Klasse und würde mitfinanziert von der Pfarrgemeinde St. Nikomedes. Daran erinnert eine Tafel am Eingang die, da auf Deutsch, ich erst einmal für die doch ziemlich interessierten Schüler übersetzt habe. Die meisten Schüler der unterschiedlich großen Klassen (in der Klasse 8 sind nur 16 Schülerinnen und Schüler- ein Traum für jeden Lehrer) wohnen im Hostel, da ihr Elternhaus in Dörfern zu weit von der Schule weg ist, die meisten Eltern keine Chance haben ihre Kinder morgens zur Schule zu fahren und auch die Verkehrswege nicht gerade optimal sind, einige kommen aber auch aus den direkt anliegenden Dörfern. Das einige Klassen nur so klein sind zeigt ein großes Problem der Privaten Schulen in dieser Gegend: Trotz einer Schulgebühr von gerade mal 300 ₨ (das sind nicht mal 5 Euro) sind die Eltern- meist Farmer- zu arm um diese zu bezahlen oder sehen es nicht ein, wenn es auch die Möglichkeit gibt ihre Kinder auf eine kostenlose Staatliche Schule zu schicken (die aber leider nicht die nötige Bildung geben kann, wie mir ein Vater erklärt). Bei der Besichtigung  einiger Klassen kann ich mir ein Bild von der Disziplin und Qualität des Unterrichts machen. Die Schüler erklären mir ihr aktuelles Thema, stellen Fragen zu meiner reise und meiner Heimat Deutschland- die ich so gut es geht zu beantworten versuche (kann mir mal bitte eine das nationale Wassertier Deutschlands nennen). Es ist echt ein schöner Besuch der mir klar macht, dass ich dieses Jahr unbedingt noch einige Zeit in ländlicher Gegend arbeiten möchte!


Auf dem Rückweg machen wir Mittagspause auf der Farm, die wir am Vortag schon einmal kurz gesehen haben. Zur Farm gehören ein Maschinenhäuschen, eine kleine Bananenplantage, ein künstlich angelegten Fischsee, einige andere Nutzpflanzen, einige Hühner und Ziegen, weite Reisfelder und eine kleine Arztpraxis in der ein Vater kostenlos (nur die bestellten Medikamente müssen bezahlt werden) die Dorfbewohner behandelt. Bei dem Gang durch die Bananenbäume sahen wir plötzlich einen Frosch in den anliegenden Teich springen. Vater Santhos drehte sich zu mir um und fragte ganz unvermittelt: „Do you like frog?“ Ah, keine Ahnung antwortete ich, ich habe noch nie welchen probiert, würde es aber auch nicht abschlagen wenn man mir welchen anbietet, ganz nach meinem Motto, dass ich dieses Jahr alles mindestens einmal probiere. Darum fragte ich die Gleiche frage zurück und bekam ein zustimmendes Nicken und die Antwort, dass unsere Köchin Sita erst gestern Mittag Frosch zubereitet hatte. Oh, das wusste ich nicht, (zwar, viel mir ein, hatte ich gestern auswärts gegessen) aber seitdem frage ich bei jedem Fleischgericht auf dem Tisch lieber zweimal nach!

Namaste und liebe Grüße von ,der immer wieder staunenden

Rebecca

Montag, 16. September 2013

Augenblicke

UND IN IHRER WUNDERVOLLEN LAUTLOSIGKEIT LIEGT IHR BESONDERER ADEL
(Danke Mama)

…und die Blätter über mit spenden den wohltuenden Schatten, werfen bewegende Bilder vor mir aufs Papier und lassen das strahlende Blau des Himmels noch kraftvoller erscheinen, leise raschelnd und wiegen sich hin und her in der warmen Sommerbrise. Die Bank hinter dem Basketballfeld ist bequem- aus Beton und steht so, das mein Blick geradewegs vorbei durch den Schulkomplex hindurch auf das Tor gelenkt wird. Dahinter, mehr Wissen als Sehen, die fantastische Welt aus kleinen, flachdachigen, unverputzten Häusern im Sonnenstrahl- bunte Tücher flattern zum trocknen auf Leinen kreuz und quer der Gassen und die Frauen sitzen mit ihren Nachbarinnen redend draußen im Schatten der Häuser und schauen ihrer Wäsche beim trocknen zu. Einige Häuser weiter wird noch gewaschen- klares Wasser aus den Wasserhähnen überall an den Straßenecken wird zu Seifenwasser und fließt die Straße entlang, das Schrubben von Stoff auf Stein. Holperige Gassen lassen das Brummen der unzähligen Skooter mal lauter, mal näher leiser erscheinen, kleine Läden zu bei Seiten- die neue Lieferung an Stiften, Zahnpaste oder Süßigkeiten wird unter andauerndem Gebrabbel in den tiefen der Theke verstaut.
Neben mir tanzen zwei schwarz-besprenkelte Schmetterlinge im Sonnenbild, eine Fliege summt um meinen Kopf. Hupen sind durch die massiven Mauern der Schule hindurch zu hören, hinter mir im Collage-komplex ein Chor, aus den offenen Fenstern dringen Kinderstimmen der 4 bis 7 jährigen und immer wieder die mahnenden Worte der Lehrerin. Das leise Bellen eines Hundes in der Ferne und der Anlasser eines Motorrades können nicht das Vogelgezwitscher über mir im Baum und aus den offenen Schulkorridor
unterbrechen. Studenten lachen, spaßen und reden aufgebracht miteinander. Der kurze schrille Ton der Schulglocke ertönt, gefolgt von erneutem Stimmengewirr- dieses mal tiefere Stimmen der älteren Schüler, Stühlegeschiebe. Lineale schlagen auf die Tische und immer wieder erhebt die Lehrerin ihre Stimme.
All das stört die Grüppchen aus drei oder mehreren Studenten bestehend nicht, die es sich auf dem Rasen oder den Stufen vor dem Collage bequem gemacht haben nicht. Einige schlendern, ins ruhige Gespräche vertieft Richtung Kiosk um sich Samosa oder Kekse zu kaufen. Neben mir auf der Bank hat es dich ein Student im Schneidersitz gemütlich gemacht und spricht leise aber dringlich in sein Handy.
So viele Welten in einem Campus vereint: Die Busfahrer, die bis eben noch emsig damit beschäftigt waren die gelben Schulbusse mit Wasserschläuchen zu bearbeiten, da satte Geräusch von einem Wasserstrahl der auf Metal trifft, haben sich nun in die Busse für ein kleinen Nickerchen in der letzten stunde zurück gezogen


Und ich lausch der Welt, höre das Ratschen des Bleistifts auf Papier und schließe die Augen ein letztes mal- will alles aufsaugen, bevor ich mich gleich wieder in den indischen Schulalltag hineinstürze. 

Donnerstag, 12. September 2013

Happy Teachersday

Nun auch schon wieder einige Tage her, aber trotzdem erwähnenswert:
In Pole am  15 Oktober, in Mexiko am 15 Mai und in Indien am 5. September gefeiert- der Teachersday. Sehr angenehm, wenigstens für Lehrer- wo bleibt Deutschland mal wieder?

Die morgendliche Versammlung auf dem Schulhof wurde ausnahmsweise von Mittwoch auf Donnerstag verschoben- Unterschied: nicht die Lehrer waren für die Ordnung verantwortlich und die Schüler fürs Programm. Am Teachersday wird alles Umgedreht und der Lehrer gefeiert und geehrt. Schon am Vortag hatten die Lehrer die Nationalhymne geprobt (Sry, aber bei den Schülern klingt sie eindeutig besser), ein keinen Theaterstück einstudiert und geübt die Morgendlichen nachrichten vorzutragen. So standen nun also (fast)pünktlich um 7.50 alle Schüler in Reih und Glied in der brühenden Morgensonne auf dem Schulhof, die Schüler der Klasse 12 (ausnahmsweise und aus gegebenen Anlass) in Zivilkleidung vor jeder Reihe und sollten für Ruhe sorgen und die Lehrer auf der Bühne.
Nicht einfach der Job- auch wenn die Kinder echt süß aussehen:
aber zwischendurch mussten die Lehrer doch eingreifen
also so schlimm wie in dieser Szene dargestellt
sind die Schüler dann auch wieder nicht!

Nach der Versammlung hieß es für die Lehrer relaxen und Tee trinken (was auch sonst in Indien- wahlweise Chai mit Milch oder Blacktea) und für die Schüler der klasse 12 fing die Arbeit erst richtig an: In die Verschiedenen Klassen verteilt und mit Material ausgestattet war es nun an ihnen den Schülern das nachzubringen, wofür die Lehrer jeden Morgen aufstehen. Und wie aus allen hier an der Schule wurde auch aus dem Unterrichten eine Competition gemacht und einige Lehrer gingen mit Klemmbrettern durch die Flure und bewerteten jede Unterrichtsstunde  auf verschiedene Kriterien. – Und ich genoss die freie Zeit, trank Tee und schmuggelte mich für einige Zeit hinten in die Klassenräume.


Schon um 11.30 war allerdings schon Schluss mit dem Spaß und für die Klassen 1 bis 10 war der besondere Schultag zu Ende. Die Schüler der Klasse 12 hatten zusammen mit der Stufe 11 alle Lehrer offiziell Eingeladen (mit sehr schöner- typisch kitschiger Einladungskarte an respected Rebecca mam) einer ’kleinen’ Programm beizustehen.
Bereits als ich das Gebäude erreichte indem die Versammlung stattfinden sollte sah ich welche Arbeit sich die Schüler gemacht hatten: Vor dem Eingang war ein wunderschönes Bodenbild aus Farbpigmenten und Blütenblättern. Links und rechts der Treppe zum Konferenzraum standen Schüler Spalier und bewarfen uns mit Blütenblättern und als wir oben ankamen wurden wir mit Kerzen empfangen, jeder Lehrer bekam einen Bindi (Punkt auf der Stirn zwischen den Augenbraun) zuerst mit roten Farbpigmenten und dann mit einigen Reiskörnen, all das begleitet von Applaus- schon ein komisches Gefühl nur weil man Unterrichtet solche Ehre und Aufmerksamkeit entgegengebracht zu bekommen.
Als alle Lehrerinnen und Lehrer mit ihren schönsten und neusten Saris und Anzügen endlich saßen begannen die Schüler mit ihrem Programm, bestehend aus Lobeshymnen, Reden einem kleinen Theaterstück und einen sehr schönen Mix aus indischen und modernen Tanz (ich weiß schon warum ich Musik und Tanz sooo liebe). In einen vorbereiteten Spiel mussten einige ausgeloste (ja, auch ich hatte das Glück) Spieler so viele Kerzen wie möglichst in einer Minute anzünden- leider nur Mittelfeld, aber bei diesem indischen Kampfgeist…
Zum Schluss gab es für jeden Lehrer ein kleines Geschenk und eine tosenden Applaus seitens der Beschenkten für diese wirklich gelungene Programm.
Zur Begrüßung: Bringt Glück und Segnet
-ganz gleich welche Religion- einfach indisch!

Auch wenn ich den dazugehörigen text (leider auf Hindi)
nicht verstehen konnte: ziemlich bild-gewallte Vorstellung die die
 unterschiedlichen Fassetten Indiens zeigt


Aber damit noch nicht genug: als die Schüler den Raum verließen kam der Direktor ein weiteres Mal zum Rednerpult und begann eine sehr gute Rede was man aus diesem besonderen Tag mitnehmen sollte. Die drei Hauptaspekte haben mich echt überzeugt und spiegeln auch ein Stück Ideologie dieser Schule wieder:

  1. Hüte deine Zunge, pass auf was du sagst und vor allem wie du es sagst
Ein wenig aus dem Kontext genommen spiegelt dieser Aspekt im Moment ziemlich gut meine Gedanken wieder. Obwohl die zweite Amtsprache Indiens English ist und in der Schule der Unterricht ausschließlich auf English stattfindet, ist die Muttersprache der meisten Lehrer dennoch Hindi, und in seiner Muttersprache spricht man bekanntlich am liebsten. In den Pausen wird im Lehrerzimmer demnach überwiegend Hindi gesprochen und ich verstehe (trotz privaten Hindistunden ab und zu) so gut wie gar nichts. Natürlich wird mit mir persönlich immer English geredet aber in der Gruppe- in die ich herzlich aufgenommen wurde- wird untereinander Hindi geredet. Um nicht immer nur daneben stehen zu müssen habe ich mit einigen Lehrern gesprochen- ich mochte mich gerne auch in der Gruppe mit ihnen unterhalten können, alltägliche Probleme verstehen oder einfach nur Quatsch mache. Sie geben sich echt Mühe, aber immer wieder wird vergessen, dass einfach sonst gar nichts verstehen kann. Ich habe in den letzen drei Monaten Menschen gefunden die ich echt gerne habe, Freunde auf Indisch- aber Freunde möchte ich auch gerne verstehen!

  1. Gehe eine extra Maile
Eine super schöne Eigenschaft des Direktors und dieser Schule im allgemeinen ist, dass sie sich (trotz der großen Anzahl- wir haben ca. 3000 Schüler) sehr gut um jeden einzelnen Schüler kümmert und ihn und seine Probleme ernst nimmt. Schon öfter habe ich zusammen mit dem Direktor Lehrer und ihre Familien besucht, am Geburtstag des Direktors hatte jeder einzelne Schüler die Chance gehabt persönlich zu gratulieren, immer wieder werde ich überrascht, dass der Direktor so viele Namen seinen Schüler kennt und die letzte Woche sind wir zu einige Schülern der 12 Klasse gefahren, haben sie in ihrer Wohnung, ihrer persönlichen Umstanden besucht, mit dem Eltern geredet, die häusliche Situation gesehen und Vater Santhos hatte für jegliche Probleme- und seinen es Fragen zur mögliche Schulbildung des Bruders- ein offenes Ohr. Oft werde ich überrascht wie gut das Verhältnis zwischen den Kollegen untereinander, zur Schulleitung und zu den Schülern und ihren Familien ist. Der Direktor hat den Lehrern nah gelegt sich zeit für ihre Schüler zu nehmen, sozial schwache und arme Schüler zuhause zu besuchen mit den Eltern zu reden und sie von der Wichtigkeit von Bildung zu überzeugen (die hier längst nicht in jeder Familie vorhanden ist wie ich leider jeden Tag wieder feststellen muss)

  1. Wenn durch unsere Arbeit Schüler sich verbessern, dann haben wir Erfolg
Oft werden im Schulsystem die bereits Erfolgreichen Schüler gefördert und der Rest bleibt auf der Strecke, sowohl in Deutschland als auch hier in Indien. Gerade bei einer Klassengröße von bis zu 50 Schülern wird oft nicht gemerkt, wenn ein Schüler nicht im Stoff mitkommt- sei es, weil er einen Teilaspekt nicht verstanden hat, seine Notizen nicht vollständig sind, er einfach langsam Arbeitet oder er die Sprache nicht richtig beherrscht. Leider muss ich, wenn ich durch die Reihen gehe, immer wieder feststellen wie groß die Wissen- und Könnensunterschiede zwischen den einzelnen Schülern sind.  Dieser Leitspruch spornt an, schwachen Schülern zu helfen sich zu verbessern auch wenn es einfacher klingt, die Starken weiter zu fördern. Keiner soll auf der Strecke beleiben, jeder eine Chance bekommen, dafür bin ich hier, Tag für Tag.

Nach diesem Input und noch einigen Worte mehr wurde vom Direktor das Essen geordert und Tabletts mit Reis, Daal (halbflüssiger Mix aus verschiedensten Gemüsesorten- ein absolutes Muss in dieser Gegend von Indien) und Brot -das erste mal seit Wochen richtiges Weißbrot, wurden rumgereicht. Was für ein Aufwand, jedes mal für das gesamte Kollegium Essen zu ordern, aber in Indien  sehr üblich und auf jedenfalls lohnenswert: Am Ende der Schultages ging jeder Lehrer mit vollem Bauch, Geschenken (auch die Schulleitung hatte sich mächtig ins Zeug gelegt und für jeden gab es ein Frühstücksset mit hier oft gesehenen, aus drei kleinen Metalldosen bestehenden Henkelman ) und neuen Vorsätzen für die Zukunft nach Hause.
-Ein echt schöner Tag, ein schöner Gedanke auch mal die Lehrer zu feiern und zu ehren und auf jeden Fall eine Idee wert diesen Tag auch in Deutschland einzuführen!

Namaste und bis bald aus dem feier- freudigen Indien
Eure Rebecca