Da war doch was...was ich noch zeigen wollte

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Montag, 16. Dezember 2013

Skiverleih Nr. 371

Hallo und einen schönen 3. Advent! Ich bin euch noch die Fortsetzung von meiner Reise schuldig, lang ist es her;) von Amritsar über Manali nach Chandigarh:

Von der Nachtfahrt zwischen Amritsar und dem weiten Norden kann ich  nur wenig berichten- ich schließlich ein-gemurmelt in meine Kuschel-decke während der Bus weiter Richtung Norden rollte. Aber als ich um 5 Uhr aufwachte (der Bus hatte angehalten und einige Frühaufsteher räkelten sich schon in ihren Sitzen) bot sich mir jedoch ein Ausblick, den ich nie erwartet hatte und auch die Temperatur war unerwartet kühl. Über Nacht hatten wir wohl eine magische Grenze überfahren, denn um mich herum glitzerte der Nebel, der das ganze Land wie im Traum erschienen ließ (OK, es war auch 5 Uhr am morgen und ich war noch halb am schlafen). Wir hatten an einer offenen Raststätte angehalten und jemand drückte mir einen heißen Becher Tee in die Hand. Die Leute um mich herum waren dick ein-gemurmelt, wollende Jacken, Handschuhe und große Tücher um die Schultern.
Ich ließ mir erst einmal meine Strickjacke aus der Rück-klappe geben und so standen wir da, dampfenden Tee, Kekse und lehnten uns gegen die heiße Wand der Theke, die gleichzeitig als Feuerstelle für die Topfe diente. Aber sobald die Sonne hinter den Bäumen ihre Sonnenstrahlen schickte wurde es angenehm warm (dieses Phänomen sollte ich jetzt im indischen Winter noch öfter erleben) und mit der Sonne auf der Frontscheibe des Buses ging es weiter. Der Nebel lichtete sich nur langsam und wir passierten kleine, verfallende Dörfer, reichlich Männer mit kunstvoll arrangierten Turbanen, weitere weiß oder farbenfroh strahlende Ferien Ressorts und unendlich weite Felder. Langsam wurde das Land hügeliger und bewachsen und wie aus dem nichts hatten wir schließlich einen wunderbare Blick über bewaldet Berge und Flüsse im Tal, als wir und über die Serpentinen vorbei an kleinen Bergdörfern immer weiter ins Gebirge arbeiteten. Zu Mittag gegessen haben wir in einem wunderschönen Hotel/Restaurant direkt über dem Abgrund, in dem auch zwei ältere britische Damen die atemberaubende Aussicht genossen.



unser Busfahrer...
hat mir auch versucht Panjabi (die Sprache der Region)beizubringen

amazing landscape im Himalaya

Erst sehr spät und in vollkommener Finsternis und Kälte (ganz plötzlich als die Sonne unterging) erreichten wir unseren Zielort Manali. Der Sage nach kommt der Nama von Manu- alaya, das Zuhause von Manu, einem berühmten Hindu Rechtssprecher, der die Menschenrechte und Moralvorstellungen von hier aus verbreitete.
Nachdem wir einige mal durch den Ort gefahren waren hielten wir am besten Hotel am Platze: Das River Country Resort besteht aus einem geschmackvoll eingerichtetem Haupthaus mit Restaurant, Lounge (zwar vergleichsweise teuer, aber ein schöner Milchkaffee musste zur Entspannung auch mal sein), Bar und den Zimmern und einem komplett hölzernem Nebengebäude mit 4 großen Appartements mit Schlafräumen, luxuriösen Badezimmern und offenen Kamin-raum. Leider ging die einen Nacht viel zu schnell um, die (neben bei gesagt) die erste Nacht/Abend war, in der ich richtig fror. Auf eine solche Kälte wie Nachts in den Bergen war ich echt nicht vorbereitet.

Aber schon war der nächste Morgen (während der Nacht im gemütlichen Bett unter einer Wolldecke war mir auch schließlich wieder warm geworden) ginge es nach dem Frühstück in Neuner-Teams, einem Jeep und einem einheimischen Fahrer weiter in die Berge: das Land wurde sehr kahl, die Aussicht auf die schneebedeckten Berge immer besser, Zelte am Straßenrand (die aber nur in der Saison bewohnt sind, erklärte und Fahrer), Warnschilder vor Hirschen, eine Eselherde kreuzte die Straße und endliche kleine Verleihe für Schneeanzüge und Skier am Straßenrand (ist halt doch ein ziemlich beliebter Urlaubsort). An einem hielt auch unser Jeep an und wir deckten uns mit Handschuhen, wetterfesten Schuhen (wenn nötig), warmen Skianzügen und heißem Tee für die Lehrer ein. Das letzte Stück ruckelten wir nur noch eine Steinstraße hinauf, durchgeschüttelt, fasziniert von dem immer wieder atemberaubenden Panorama, Sonnenstrahlen auf weißen Berggipfeln soweit das Auge reicht, und voller Vorfreude auf den Schnee.
Am Rotari Pass angekommen war ich erst einmal ein bisschen enttäuscht: immer noch kein Schnee, endliche indische Touristen mit Jeeps und Führern und eben so viele Straßenverkäufer: heißen Tee, Früchte, gebratenen Mais, Maggi- Nudel…und jeder war plötzlich super hungrig und fror unglaublich. Nach einigen hin und her, Gewarte, „Madam, nice hot Chai?“ von allen Seiten, den ersten vermeintlichen Frostbeulen, schwangen wir und alle(mehr oder weniger schwungvoll) auf die Ponys, die uns in einer langen Kette zum Schnee bringen sollten (irgendwie hatten die selbstständigen- meist sehr jungen Pferdebesitzer die Väter überzeugt)
Der Ritt von vielleicht 15 Minuten über –wort wörtlich – Stock und Stein, durch Schlamm und kleine Wasserbäche aus dem Gebirge wurde dann doch recht lustig: Ich konnte wieder das herrliche Panorama genießen, kalte Luft um meine Ohren, das Schaukeln und die Wärme des Ponys unter mir, ängstliche Schreie der Lehrer auf ihren Ponys hinter mir und ein (doch sehr stockendes) Gespräch mit dem 16 jährigen Pferdeführer.
Am Zielberg angekommen konnte ich mich von dem ‚Schnee’ überzeugen: vielleicht 10 cm fest getretenen Eis, glatt, eigentlich super gefährlich zum klettern und zu pulverig für Schneebälle…ABER für die meisten Schüler war es der 1. und wahrscheinlich auch letzte Schnee in ihrem Leben. Also wurde mit Eis-klumpen alias Schneebällen geworfen, auf dem Hosenboden kleinere Abhänge runtergerutscht und Fotos gemacht. Den Lehrern war schon bald zu kalt und sie stürzten sich auf die Teeverkäufer, die schon wieder wie aus dem nichts auftauchten…und mit ihnen auch die Safranverkäufer. Auf Dauer wurde es echt nervig und ich fing an, das Safran, welches die Lehrerinnen schon Massenweise für all ihren Verwandten gekauft hatten und mir zum aufbewahren gegeben hatten, an die Verkäufer weiter zu verhökern: sie verstanden aber den Spaß nicht und mein Geschäft lief nicht besonders gut…
Schließlich und nach noch mehr Verwirrung (waren halt doch einen Menge Schüler) es auf den Ponys wieder zurück zu den Jeeps. Die meisten Schüler warteten schon da, saßen um Lagerfeuer und äsen Fertig-nudeln. Eine Sache die ich gar nicht mitbekommen hatte: Einigen Schülern war von der dünnen Luft schlecht geworden und sie hatten Atemprobleme, deshalb ging es relativ schnell, mit den leid enden und frierenden Schülern wieder den Berg runter.

Bergtempel

und über die Schotterstraße gings weiter in die Berge


unser 16 Jähriger Ponyführer Manui







Zurück im Hotel, nach einem wunderbaren Mittagessen ging es schon weiter auf Shopping-tour ins (leider) moderne Manali. Es gibt wohl noch eine alte, traditionelle Stadt mit Märkten und einheimischen Handwerk, aber ich war inmitten von kauf-tüchtigen Schülern und Lehrern und konnte keinen überzeugen mit mir Kultur zu besichtigen. Des norden Indien ist berühmt für deine Webkunst und an unendlichen kleinen Ständen, die einen eng verschachtelten Basar bildeten, konnte man mehr oder minderwertige Schals, wunderschön gewebte Tücher, traditionelle Kleidung, Winterjacken, billige Schuhe, bunte Lederimitats-taschen, Holzarbeiten und auch eine Menge Plastik erwerben. Hier geschaut, dort die hervorragende Qualität erklären lassen (zu meinem Glück konnten die Verkäufer meist English und ich könnte mich ein wenig mit ihnen unterhalten), ein wenig verhandelt und beraten.
Schnell war die Zeit rum, die Schüler (und auch Lehrerinnen) weniger schnell eingesammelt und zurück ging es zum Hotel wo ein hervorragender warmes indisch- kontinentales Abendessen und die geplante Kinder-disco auf uns wartete.



auf dem Markt in Manali

warme Wintersachen und kunstvolle Gewebe



Bei Nacht, Nebel und Kälte (dieses mal war ich aber vorbereitet J) ging es mit dem Bus weiter nach Chandigarh, der letzten Station unserer Reise und Hauptstadt der zwei Staaten  Punjab und Haryana.

Diese best geplante Stadt Indiens wurde geschaffen von dem französischem Architekten Le Corbusier. Sie ist ein Beispiel von dem Traum und der Inspiration junger Inder, ein Symbol der Freiheit Indiens, losgelöst von den Traditionen der Vergangenheit. Unterteilt in endliche eigenständige, nach Nutzen sortierten Stadtsektoren gehört der Rock Garden zu dem Viertel ’gardens und open places’. Ein sehr schöner, großer und verschlungener Garten mit unterschiedlichster Steinkunst: mal hohe Wände aus strukturiertem Stein, keine abstrakte Steinskulpturen, Brücken und Tunnel, einen Wasserfall und eine Menge Grün, alles aus den Resten der Stadtplanung sowie industriellem bis städtischen Abfall (unter anderem kann man eine Wand komplett aus alten Steckdosen finden), erschaffen von Nek Chand.
Steine wurden bewundert und sogar ein Kamel-ritt war möglich und weil noch ein wenig Zeit war, machten wir einen keinen Abstecher zum Rosen Garten, eigentlich der größte in ganz Asien, aber leider nicht die richtige Saison und so genossen wir nur die Wasserspiele in der (jetzt wieder angenehm warmen) Dämmerung.

der Schein trübt: so diszipliniert in der Reihe
 wie hier ging es nicht immer zu

Zuckersrohrsaft: ziemlich süß aber lecker



Den Steingarten, einen schönen See mit Tretbooten und einer Menge indischer Touristen und auch dien Rose Garden hinter uns gelassen ging es mit dem Bus durch die Nacht zurück zum Bahnhof in Amritsar, um unsere zweitägige Rückfahrt anzutreten.


Das war der letzte Teil meiner ersten Reise- schon lange her und auch schon wieder von meiner 2. Reise in den Süden überholt, aber davon ein anderes mal!
Eine schöne Zeit bin Weihnachten und bis bald,
eure Rebecca




Sonntag, 1. Dezember 2013

1. Dezember

Hallo ihr Lieben, Namaste aus dem sonnigen Indien heute am 1. Dezember.
Fast hätte ich diese Traditionszeit die in den Nächsten 4 Wochen folgen wird, vollkommen verpennt: 0 Weihnachts- oder Adventsstimmung, keine Weihnachtslieder, kein Schmuck, kein typisches Winteressen- dafür Sonne, T-Shirt Wetter, Marktleben, Schulcompetitions, Tanzstunden und eine Menge mehr. 

Trotzdem, oder gerade deswegen hatte ich heute morgen beim Aufwachen so ein Gefühl: Meine erste Weihnachtszeit weit weg vom Zuhause, Losgelöst von Bekannten, Zwischen Menschen die mich so kennen lernen und in Erinnerung behalten wie ich mich mich Verhalte, die erste Weihnachtszeit die ich mir selber erfinden muss, aus einer Mischung aus indisch und deutsch (denn ganz ohne deutsch kann selbst ich die' Dauer-fernweh-habende nicht). Also hier mal in kürze mein erster Dezember:

Als ich aufwachte schien die Sonne schon hell durch die Fliegengitter der offenen Fenster. Es war halb 10 am Sonntagmorgen, draußen gefühlte 30 Grad, Stimmengewirr der Schüler, die für den bevorstehenden Schultag fleißig sogar am Sonntag übern, Vögel, Huben...eigendlich alles wie an einem späten Morgen hier in Jagdalpur. Immer noch müde drehte ich mich nochmal um, überlegte was ich heute machen sollten, was ich Frühstücken werde, wie ich meinen ersten Advent hier in Indien verbringen will und genoss den Augenblick- diese Augenblicke wenn ich mir meines ungeheurem Glückes bewusst werde hier sein zu dürfen und selber für meine Zukunft verantwortlich zu sein. Aber irgendwann war die Zeit zum Aufstehen dann doch gekommen (irgendwas muss ich ja auch mit dieser Chance anfangen) und nach den Anziehen (heute mal deutsch, farbenfroh und eines meiner Lieblingssachen) ginge es erst einmal zu einem nah gelegene Obststand an der Hauptstraße um frischen gepressten saft zu kaufen. Obwohl nur 10 Gehminuten traf ich einige Schüler und Chikan (oder so ähnlich), einen jungen Shopkeeper aus der Nachbarschaft, der sich mit mir in gebrochenen English zu unterhalten versuchte. 
Mit dem Saft in der Hand schlenderte ich wieder zurück durch die, inzwischen sehr vertraute Nachbarschaft. Namastes und Hallos verteilend hielt ich noch an einem der vielen kleinen Tante-Emma- Läden um Weißbrot für das heute mal deutsche frühstück zu kaufen, und weil ich mir nicht sicher war, ob noch Eier dawaren, nahm ich auch gleich noch zwei Eier für das Rühreie mit. Und gerade als ich mich wieder aufmachen wollte, traf ich auf Sita, unsere Köchin, die auch in der Nachbarschaft unterwegs war und mir einen herzlichen guten Morgen wünschte. Zusammen gingen wir zurück zur Schule und beim Rührei-machen schaute sie mir interessiert und belustigt über die Schultern (Es war übrigens wirklich kein Ei mehr da). 
Und schon war mein 1. Dezember deutsch- indisches Frühstück fertig: Frischer Saft aus einer orangenähnlichen Frucht, Rührei mit Zwiebeln, gebratene Tomaten, Weißbrot, selbstgemachte Marmelade (weil Jam hier so ungeheuer Süß ist habe ich mich letzte Woche ans Mamelademachen getraut- noch verbesserungswürdig aber Ok) und (weils ganz ohne indisch nicht geht und ich es auch gar nicht will) eine gekochte und zermanschte indische Frucht- schmeckt ähnlich wie Kartoffel, nur anders ;) 
Nach dem Frühstück war erst einmal Zimmer putzen angesagt, nicht ohne vorher einigen Minuten den Viertklässlern beim Tanztraining zuzusehen- einfach süß! Danach hieß es Musik an, Zimmer aufräumen, abstauben und wischen: was muss- das muss.
Um 2 war ich mit einer guten Freundin und ihrer Cousinen zum Picknick verabredet, also schnibbelte ich, mit lieber Unterstützung unserer zweiten Köchen, Äpfel, Granatapfel, Kokosnuss und, und, und für einen Obstsalat und kochte Tee. 
Aller eingepackt, noch mal bei den Tänzern vorbeigeschaut (diesmal die 11. mit einem ganz besonderem Bambus-tanz bei dem die Tänzerinnen über bewegte Bambusstangen am Boden springen) und ab zu Bujji. Nach einem schnellen aber sehr leckerem Mittagessen und Gequatsche mit der gesamten Familie wurden wir beide und ihre beiden Cousinen Pushpa und Sharda von irgendeinem Verwandten (die gehen in indischen Häusern ein und aus) zu einem Park etwas außerhalb der Stadt gefahren. 
Viele indische Familien saßen auf den Grünflächen, Kinder rannten umher, spielten Federball oder kletterten über die Spielgeräte die überall verteilt standen. Ein kleiner, künstlicher Wasserfall (leider nicht an) bot aber trotzdem Kulisse für endliche Familienfotos, frisch verheiratete Paare saßen in geschützten Ecken um sich besser kenne zu lernen (arrangierte Ehen sind hier gang und gebe). Wir genossen die schatten-spendenen hohen Nadelbäume, Blumen, Plauderten, lachten, aßen und beobachteten die dicken Frauen in Saries, die es sich nicht nehmen ließen eine Runde Fangen mit den Kindern zu spielen. 
Um kurz nach 5 schlenderten wir langsam wieder Richtung Stadt, besuchten noch kurz einen Verwandten, der in einer Wohnkolonie an der Stadtgrenze wohnt und als wir wieder in stadtnähe kamen, konnten wir und auch eine Ritschka zurück nach hause nehmen. 
Alle waren ziemlich müden und ich wollte noch ein bischen an den Computer und so verabschiedeten wir uns ziemlich schnell und herzlich. Zurück in der Schule traf ich eine Lehrerin, die für ein Tanztheater einen ziemlich schöne Tonaufnahme erstellt und heute Abend die aufnahmen im improvisierten Tonstudio macht. Sie übersetze mir die Hinditexte und erklärte mir das Konzept: Frauenbild in Indien-  über Gewallt und Ungleichheit. Seht interessant, wichtig und ich ich konnte ein wenig bei ihrer Arbeit zusehen. 
danach gings zum Abendessen: Reis, Dahl und Gemüse (wie immer- lecker ;)) und eine Runde mit meine Eltern skypen, Mails checken, mit Freunden schreiben und mich über Neuigkeiten in der Welt informieren. Und jetzt wird geschlafen, morgen ist ein langer Schultag mit Unterrichten, Tanztraining, Deutschstunden, Lehrerversammlung und was sonst noch alles passiert an einem Tag in Indien ;)



Mein erster Advent, gewöhnlich- ungewöhnlich und ob ich die Weihnachtszeit lieber kalt oder warm genieße werde ich die nächsten 4 Wochen herausfinden. Über die Weihnachtsferien bin ich übrigens bei einer befreundeten Familie in einem kleinen Dorf ca. 5 Autostunden von Jagdalpur eingeladen und ich freue mich schon sehr auf die Zeit in einer Familie!

Liebe Grüße aus Indien, eine schöne Adventszeit euch allen- sei es wie immer oder mal anders- und doch immer einzigartig!
eure Rebecca