Da war doch was...was ich noch zeigen wollte

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Sonntag, 1. Dezember 2013

1. Dezember

Hallo ihr Lieben, Namaste aus dem sonnigen Indien heute am 1. Dezember.
Fast hätte ich diese Traditionszeit die in den Nächsten 4 Wochen folgen wird, vollkommen verpennt: 0 Weihnachts- oder Adventsstimmung, keine Weihnachtslieder, kein Schmuck, kein typisches Winteressen- dafür Sonne, T-Shirt Wetter, Marktleben, Schulcompetitions, Tanzstunden und eine Menge mehr. 

Trotzdem, oder gerade deswegen hatte ich heute morgen beim Aufwachen so ein Gefühl: Meine erste Weihnachtszeit weit weg vom Zuhause, Losgelöst von Bekannten, Zwischen Menschen die mich so kennen lernen und in Erinnerung behalten wie ich mich mich Verhalte, die erste Weihnachtszeit die ich mir selber erfinden muss, aus einer Mischung aus indisch und deutsch (denn ganz ohne deutsch kann selbst ich die' Dauer-fernweh-habende nicht). Also hier mal in kürze mein erster Dezember:

Als ich aufwachte schien die Sonne schon hell durch die Fliegengitter der offenen Fenster. Es war halb 10 am Sonntagmorgen, draußen gefühlte 30 Grad, Stimmengewirr der Schüler, die für den bevorstehenden Schultag fleißig sogar am Sonntag übern, Vögel, Huben...eigendlich alles wie an einem späten Morgen hier in Jagdalpur. Immer noch müde drehte ich mich nochmal um, überlegte was ich heute machen sollten, was ich Frühstücken werde, wie ich meinen ersten Advent hier in Indien verbringen will und genoss den Augenblick- diese Augenblicke wenn ich mir meines ungeheurem Glückes bewusst werde hier sein zu dürfen und selber für meine Zukunft verantwortlich zu sein. Aber irgendwann war die Zeit zum Aufstehen dann doch gekommen (irgendwas muss ich ja auch mit dieser Chance anfangen) und nach den Anziehen (heute mal deutsch, farbenfroh und eines meiner Lieblingssachen) ginge es erst einmal zu einem nah gelegene Obststand an der Hauptstraße um frischen gepressten saft zu kaufen. Obwohl nur 10 Gehminuten traf ich einige Schüler und Chikan (oder so ähnlich), einen jungen Shopkeeper aus der Nachbarschaft, der sich mit mir in gebrochenen English zu unterhalten versuchte. 
Mit dem Saft in der Hand schlenderte ich wieder zurück durch die, inzwischen sehr vertraute Nachbarschaft. Namastes und Hallos verteilend hielt ich noch an einem der vielen kleinen Tante-Emma- Läden um Weißbrot für das heute mal deutsche frühstück zu kaufen, und weil ich mir nicht sicher war, ob noch Eier dawaren, nahm ich auch gleich noch zwei Eier für das Rühreie mit. Und gerade als ich mich wieder aufmachen wollte, traf ich auf Sita, unsere Köchin, die auch in der Nachbarschaft unterwegs war und mir einen herzlichen guten Morgen wünschte. Zusammen gingen wir zurück zur Schule und beim Rührei-machen schaute sie mir interessiert und belustigt über die Schultern (Es war übrigens wirklich kein Ei mehr da). 
Und schon war mein 1. Dezember deutsch- indisches Frühstück fertig: Frischer Saft aus einer orangenähnlichen Frucht, Rührei mit Zwiebeln, gebratene Tomaten, Weißbrot, selbstgemachte Marmelade (weil Jam hier so ungeheuer Süß ist habe ich mich letzte Woche ans Mamelademachen getraut- noch verbesserungswürdig aber Ok) und (weils ganz ohne indisch nicht geht und ich es auch gar nicht will) eine gekochte und zermanschte indische Frucht- schmeckt ähnlich wie Kartoffel, nur anders ;) 
Nach dem Frühstück war erst einmal Zimmer putzen angesagt, nicht ohne vorher einigen Minuten den Viertklässlern beim Tanztraining zuzusehen- einfach süß! Danach hieß es Musik an, Zimmer aufräumen, abstauben und wischen: was muss- das muss.
Um 2 war ich mit einer guten Freundin und ihrer Cousinen zum Picknick verabredet, also schnibbelte ich, mit lieber Unterstützung unserer zweiten Köchen, Äpfel, Granatapfel, Kokosnuss und, und, und für einen Obstsalat und kochte Tee. 
Aller eingepackt, noch mal bei den Tänzern vorbeigeschaut (diesmal die 11. mit einem ganz besonderem Bambus-tanz bei dem die Tänzerinnen über bewegte Bambusstangen am Boden springen) und ab zu Bujji. Nach einem schnellen aber sehr leckerem Mittagessen und Gequatsche mit der gesamten Familie wurden wir beide und ihre beiden Cousinen Pushpa und Sharda von irgendeinem Verwandten (die gehen in indischen Häusern ein und aus) zu einem Park etwas außerhalb der Stadt gefahren. 
Viele indische Familien saßen auf den Grünflächen, Kinder rannten umher, spielten Federball oder kletterten über die Spielgeräte die überall verteilt standen. Ein kleiner, künstlicher Wasserfall (leider nicht an) bot aber trotzdem Kulisse für endliche Familienfotos, frisch verheiratete Paare saßen in geschützten Ecken um sich besser kenne zu lernen (arrangierte Ehen sind hier gang und gebe). Wir genossen die schatten-spendenen hohen Nadelbäume, Blumen, Plauderten, lachten, aßen und beobachteten die dicken Frauen in Saries, die es sich nicht nehmen ließen eine Runde Fangen mit den Kindern zu spielen. 
Um kurz nach 5 schlenderten wir langsam wieder Richtung Stadt, besuchten noch kurz einen Verwandten, der in einer Wohnkolonie an der Stadtgrenze wohnt und als wir wieder in stadtnähe kamen, konnten wir und auch eine Ritschka zurück nach hause nehmen. 
Alle waren ziemlich müden und ich wollte noch ein bischen an den Computer und so verabschiedeten wir uns ziemlich schnell und herzlich. Zurück in der Schule traf ich eine Lehrerin, die für ein Tanztheater einen ziemlich schöne Tonaufnahme erstellt und heute Abend die aufnahmen im improvisierten Tonstudio macht. Sie übersetze mir die Hinditexte und erklärte mir das Konzept: Frauenbild in Indien-  über Gewallt und Ungleichheit. Seht interessant, wichtig und ich ich konnte ein wenig bei ihrer Arbeit zusehen. 
danach gings zum Abendessen: Reis, Dahl und Gemüse (wie immer- lecker ;)) und eine Runde mit meine Eltern skypen, Mails checken, mit Freunden schreiben und mich über Neuigkeiten in der Welt informieren. Und jetzt wird geschlafen, morgen ist ein langer Schultag mit Unterrichten, Tanztraining, Deutschstunden, Lehrerversammlung und was sonst noch alles passiert an einem Tag in Indien ;)



Mein erster Advent, gewöhnlich- ungewöhnlich und ob ich die Weihnachtszeit lieber kalt oder warm genieße werde ich die nächsten 4 Wochen herausfinden. Über die Weihnachtsferien bin ich übrigens bei einer befreundeten Familie in einem kleinen Dorf ca. 5 Autostunden von Jagdalpur eingeladen und ich freue mich schon sehr auf die Zeit in einer Familie!

Liebe Grüße aus Indien, eine schöne Adventszeit euch allen- sei es wie immer oder mal anders- und doch immer einzigartig!
eure Rebecca

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