Da war doch was...was ich noch zeigen wollte

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Samstag, 15. März 2014

Augenblicke- Chennai

Angelehnt an eine kühle Mauer sitze ich dar, unter mir: das beschäftigte Treiben einer kleinen Gasse mitten in der Megacity Chennai, über mir: die wunderschönen hand-geschmeißelten weißen Steinelemente eines kleinen jainismus Tempels zwischen abgeblätterten Hausfassaden, hinter mir: ein anstrengender Vormittag von Monument zu Monument, hupende Autos, überteuerte Preise, unnötige Diskussionen, lange Wege, stickige Stadtluft, Verständigungsprobleme, Nachgefrage, Schweißperlen, schmutzige Orte, bettelnde Kinder, nervige Verkäufer, vor mir: viele Wege, in mir
Ich sitze in der Nische auf der Terrasse eines Tempels, blicke von weit oben auf das Treiben, sehe Menschen die jeden morgen in diesem Chaos aufstehen, ihren Alltag bewältigen, ihr Leben regeln, Freunde treffen, Tee trinken, einkaufen, Konflikte lösen, ums Überleben kämpfen und jeden Abend mit dem Wissen auf das morgen einschlafen, sehe Ochsen die Holzkarren voller Säcke ziehen, Frauen zwängen sich zwischen die riesigen Lastwagen, die die Straße verstopfen, kleine Gemüsehändler am Straßenrand, Schneider zwischen Stoffen kaum zu sehen, Teestände, hupende Autorikschas und unendlich viele Menschen. Habe mich von diesem unten in das oben geflüchtet, eine alte Frau hat die Augen geöffnet und nach oben gedeutet, bevor sie sich wieder ihrem Gott zugewandte, sind dieser Einladung gefolgt, versuchen allen Einladungen zu folgen und das besondere zu erkennen. Ich genieße den Frieden, das Davor-stehen und Staunen, ohne Gedanken, gemischte Gefühle, meine Ruhe  im herausgeforderten Lärm, gleich wird sich wieder ins Anonyme gestürzt, eine indische Megastadt in der so viele Leben ihre Welt erschaffen- mit dem Wissen nur Gast zu sein.


Samstag, 1. März 2014

Keep walking

Am 9. Februar, abends um 8 am Busstop in Jagdalpur: Nach  sieben Monaten in der Schule in Jagdalpur mache ich mich wieder auf den Weg- nicht ungewollt und auch nicht ungeplant- aber das im Kopf zu haben ist noch mal was ganz anderes als wirklich mit gepacktem Rucksack in der schwarzen Nacht zu stehen.
Wie verabschiedet man sich von Menschen, die sieben Monate lang wie eine Familie waren, Schutz und Unterkunft boten, dich selbstlos an ihrem Alltag teilhaben ließen, keine Forderungen stellten- denen dein Leben aber auch so fremd ist das es schwierig scheint sich zu erklären? Ich muss weiter ziehen- aber am liebsten ohne eine falsche Entscheidung zu treffen. Einige Tage, oder auch Wochen vorher wurde es gesagt, lange schon gefühlt und genau in dem Moment in die tat umgesetzt als ich Vater Santos die Hand schüttele, die vor Aufregung und Anspannung fast zittert, er mir eine gute Reise wünscht. Irgendwas in mir drinnen sagt mir, dass es die falsche Entscheidung war von der Schule zu gehen, ich möchte mich in der angespannten Stimmung die bei allen herrscht nicht entziehen, und doch ziehe ich weiter. Habe diese Entscheidung getroffen mit dem Glauben an eine zweite Zeit in Indien, eine Zeit des Reisens, des Menschen Treffens, des Orte Erforschens und des sich `als 19 jährige jugendliche fühlen, die ihre Grenzen zu finden versucht, ihre Möglichkeiten und ihre Zukunft selber in der Hand hat’. Diese Zeit hatte ich erhofft mit meiner Arbeit als Freiwillige in Jagdalpur verbinden zu können, was aber zeitweise (und zumindestens in meinem Kopf)unmöglich schien. Der zweite Weg, der Unsichere und Gewagte, nicht bevorzugt, aber im einigen Augenblicken der Richtige, der einzige, der noch in Frage kam, in verzweifelten Momenten, der Ausweg- auf eignende Faust reisen, ohne die Schule als sichere Rückzugsort hinter mir zu wissen.
Mit dem Nachtbus gings Richtung Süden, zusammen mit Marlon der für 15 Tage mein Reisebegleiter sein wird. Angefangen im kleinen Ort Badrachelam, gings über die Küstenstadt Chirala in die Megacity Chennai, um dann über Bangalore Richtung Kerala zu gelangen. Es gibt nur Eckdaten, einige Telefonnummern, Reiseführer und die Neugierde- die uns immer wieder vorantreibt. Was werde ich für Erfahrungen machen? Wie werde ich mich auf wegen fühlen, die mein Ziel darstellen? Wie werde ich auf mich selbst gestellt im großen Indien klar kommen? Marlon hat noch einmal den Gedanken des ’sich stetig verändernden’ im meinem Kopf aufwirbeln lassen- keep walking

Bald gibs mehr, genaueres, Eindrücke, erst versucht in meinem Kopf zu sortieren, jeder Tag gefüllt, immer auf der Reise- wie jeder

Namaste- oder wie es hier heißt: Namastarem

Eure Rebecca