Da war doch was...was ich noch zeigen wollte

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Dienstag, 16. Juli 2013

Mein erster Schultag

Gestern war mein erster Schultag an der Vedya Jyoti School in Jagdalpur. http://vidyajyotischool.org/.
Alle Schüler und Schülerinnen tragen Schuluniform: Ein Rock oder Kleid und lange oder kurze Hosen in grau, dazu ein blau/grau kariertes kurzärmeliges Hemd. Darüber wird eine gestreifte Krawatte gebunden und die weißen Kniestrümpfe der Mädchen dürfen nicht über die Knie reichen, sonst gibt es einen Eintrag.
Als ich morgens über den Innenhof zum "Stuffroom" (davon gibt es drei: zwei Lehrerzimmer für die Lehrerinnen in farbenfrohen Saris unter pinken Blusen, und einen Raum für die männlichen Lehrer) blieben alle Schüler mit einem: „good morning, ma“ kurz neben mir stehen.
Jeden Morgen gibt es ein kurzes Morgengebet. Dafür übt eine Gruppe von Schülern schon am Vortag, um dann pünktlich um 7.55 Uhr  Gebete, die Nationalhymne und sonstige Ankündigungen in ein Mikrofon zu sprechen, das die Lieder in die ganze Schule überträgt. Heute durfte ich dabei mit im Klassenraum des 5.Lavels stehen. Alle Schüler stellen sich neben ihr Stuhl und sprechen mit:

India is my country. All Indians are my brothers and my sisters. I love my country an I am proud of its rich and varied heritage. I shall always to be worthy of it. I shall give my parents, teaches and all elder, respect and treat everyone with courtesy.To my country and my people I pledge my devotion. In their wellbeing and prosperity alone lies my happiness.”

Danach wird gesungen. Bei der Nationalhymne steht jeder ganz stramm mit den Händen an der Seite. Sehr beeindruckend!
Sofort nach diesem morgendlichen Ritual war ein kleiner Test angesetzt, den die Schüler am Ende jeder Lexion über diese schreiben. Ich habe mir den Plan mal angeschaut- fast jeden Morgen diese Woche müssen die Schüler ran, jeden Morgen ein anderes Fach. Leere Blätter mit der Kopfzeile der Schule wurden verteilt (juhu, mein erster Job) und über den Beamer die Aufgaben an die Wand geworfen. Zusammen mit der Lehrerin bin ich durch die vier Reihen gegangen und habe zugeschaut, wie die Schüler in English Subjekt und Verb im Satz kennzeichnen oder Beispiele geben. Danach wurden die Zettel der Reinfolge nach eingesammelt: Jeder Schüler hat eine Nummer (evt. alphabetische Reinfolge, aber da ich echt ein Namensproblem- besonders der viersilbigen indischen Namen haben, kann ich es nicht genau sagen) von 1 bis 42 und brachte seine Zettel nach vorne wenn diese aufgerufen wurden.
Im Anschluss (eigentlich zu beginn der Stunde, aber verschoben durch den Test erklärte mir, die mir anvertraute Lehrerin Mrs. K.) gingen bestimmte Ordnungsschüler durch die Reihen und kontrollierten bei ihren Mitschülern Uniform und Fingernägel (ganz schön streng, was?).

Den ganzen Tag begleitete ich Mrs. K., Lehrerin für English, Sozialkunde und Geographie, wunderbar an ihrem schwarz- weiß gemustertem Sarie mit dezenten pinken Pailletten erkennbar und  Klassenlehrerin dieser Klasse. Danach gingen wir einen Klassenraum weiter in eine weiter 5 um über „Dignity of Labour“ zu sprechen. Ein Schüler las einen Absatz vor, und vorne wurde er ausführlich mit Beispielen und lauter Stimme erläutert und erweitert. Im nächsten, längeren Abschnitt das Selbe…und ich war an der Reihe…
Puh, was das ein Stress: gerade erst hatte ich mir mit viel Mühe den Inhalt erschlossen, da sollte ich vor 40 staunenden Augen über die Gleichheit und Wichtigkeit aller Arbeit referieren, diese zu lieben, zu schätzen wie Mahatma Gandhi es getan hat, als der für die „Uutuchables“ den Boden gewischt hat.
Die nächste Stunde dasselbe Prozedere: Eine befreundete Physiklehrerin von Mrs. K. nahm mich mit, gab mir ein Buch zur Vorbereitung und fünf Minuten später stand ich da, stotternd, schwitzend, alle Augen auf mich gerichtet: Ich glaube die Schüler waren genau so ratlos wie ich, als ich anfing über die verschiedenen Aggregatzustände von Eisen zu sprechen („In English please“). Zu allem Überfluss ist es wegen der Lautstärke, die 40 Kinder wohl oder übel veranstalten- selbst bei dieser Diszipliniertheit, verdammt schwer, die Antworten zu verstehen, da das indische Englisch stockender ist und komplett anders betont wird.
Nächste Stunde- neue Chance. Und dieses Mal klappte es schon etwas besser und ich bekam sogar Applaus als ich, bezogen auf die Arbeitsmoral von meinen deutschen Tätigkeiten bei der Hausaufgabenhilfe berichtete…Erfolg, Erfolg!

So verging mein erster Schultag- ohne Schultüte, aber dafür mit ganz vielen strahlenden, manchmal verwirrten Kindergesichtern, dem versprechen der Lehrer, bald einen Sari zu tragen, einigen neuen Hindi-Vokabeln: Ab Kaise Ho = Wie geht es dir? (Typisch Lehrer soll ich diese Frage auswendig lernen und am nächsten Feiertag abgefragt werden), viel geschenktem Essen, neuen Erkenntnisse über die indische Opposition (Geographieunterricht) und der Vorfreude aber auch Zweifel, ob ich das alles so hinbekomme, auf die nächsten Wochen.


Namaste und Regengrüße
Eure Rebecca



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